65. Tribologie-Fachtagung – 23.-25. September 2024 in Göttingen

Im Jahr 2024 konnte die Gesellschaft für Tribologie e.V. auf ihr 65-jähriges Bestehen zurückblicken. Damals noch unter dem Namen GST – Gesellschaft für Schmiertechnik – wurden von Beginn an regelmäßig Jahrestagungen abgehalten, so dass auch die Tribologie-Fachtagung im Herbst ihr 65stes Jubiläum feiern konnte. Aus diesem Anlass wurden, nach der Eröffnung der Tagung durch den Vorstandsvorsitzenden Rolf Luther, Grußworte und Glückwünsche von der Österreichischen Tribologischen Gesellschaft (ÖTG) durch Prof. Carsten Gachot und der schweizerischen Schwestergesellschaft Swisstribology durch Dr. Emanuel Tack überbracht.

Plenarvorträge

Anlässlich des Jubiläums blickte Dr. Mathias Woydt (Matrilub, Berlin) im ersten Plenarvortrag auf die Meilensteine tribologischer Forschung in Deutschland seit dem 16. Jahrhundert zurück und ging auch auf die 65-jährige Geschichte der GfT ein. An die Rückschau anknüpfend gab Cornelia Haag (SKF, Schweinfurt) einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen und damit verbundene Herausforderungen für die Tribologie. Dieses Thema wurde im darauffolgenden Vortrag von Emil Elbæk (ETA-Solutions, Bensheim) konkret aufgegriffen, in dem er das BMWK-Begleitforschungsprojekt „Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe 2 – EE4InG 2“ vorstellte, in dem auch das Forschungsfeld Tribologie angesiedelt ist.

Plenarveranstaltung

Plenarvortrag von Prof. Max Marian

Die weiteren Plenarvorträge spiegelten wichtige aktuelle Richtungen tribologischer Forschung wider. Im Vortrag von Prof. Carsten Gachot (TU Wien) ging es um die außergewöhnlich niedrige Reibung von 2D-Materialien wie MXenen und Übergangsmetall-Carbo-Chalcogeniden. Die sehr aktuelle Anwendung von künstlicher Intelligenz für die Tribologie beleuchtete Prof. Max Marian (Uni Hannover und Pontificia Universidad Católica de Chile). Beendet wurde das wissenschaftliche Programm des ersten Tages mit dem Vortrag von Prof. Martin Dienwiebel (Fraunhofer KIT) über das Verständnis tribologischer Mechanismen durch Kombination multiskaliger Experimente und Simulation.

Prof. Matthias Scherge mit einer
„Modell-Bowlingkugel“

Eine Neuerung war, dass auch der dritte Tag mit einem Plenarvortrag begann: Prof. Matthias Scherge vom Fraunhofer KIT zog das Publikum mit einem ausgesprochen unterhaltsamen Vortrag über die Tribologie des Bowling in seinen Bann.

Fachvorträge

Einen breiten Überblick über den aktuellen Stand tribologischer Forschung und Entwicklung gaben die mehr als 70 Vorträge in 5 Parallelsessions des Hauptprogramms der Tagung.

Wie in den vorherigen Tagungen war das Thema „Tribologische Systeme“ am stärksten vertreten. Die Vorträge boten ein breites Spektrum von molekulardynamischen Simulationen über die Besonderheiten von Polymerwerkstoffen in Reibsystemen bis hin zu tribologischen Effekten in Verpackungsmaschinen. Bei den Schmierstoffen werden aufgrund der wachsenden Bedeutung der E-Mobilität die elektrischen Eigenschaften immer wichtiger, was sich in einer separaten Session niederschlug. Etabliert hat sich seit einigen Jahren ein thematischer Schwerpunkt zum Thema Datenbanken, unter dem auch Beiträge zu maschinellem Lernen und neuronalen Netzen zusammengefasst wurden. In weiteren Sessions zur Fahrzeugtechnik, Maschinenelementen, Dichtungstechnik, Werkstoffen, Beschichtungen, Mess- und Prüftechnik sowie Nachhaltigkeitsaspekten spiegelte sich die Breite tribologischer Forschung wider.

Die Tagung beinhaltete auch wieder eine Poster- und Fachausstellung. Durch die günstige Platzierung im Foyer des Tagungshotels, das auch als Begegnungsstätte in den Pausen dient, konnten sich die Aussteller über eine große Resonanz freuen.

Abendveranstaltung

Das Konferenz-Dinner am Dienstagabend wurde durch ein „Kneipenquiz“ aufgelockert. Per Los wurden Teams zusammengestellt, die gemeinsam verschiedene Fragen in jeweils zwei Minuten lösen mussten. Neben Wissens- gab es auch eine tribologische Schätzfrage: wie viele Stick-Slip-Vorgänge benötigt ein federgelagerter Holzspecht um sich an einer Stange von oben nach unten zu bewegen (siehe auch Foto unten).

Abendveranstaltung: Moderator Michael Gahr (FZ Jülich) beim Kneipenquiz

Spezielle Sessions

Auch 2024 wurden die Fortschritte im DFG-Schwerpunktprogramm „Fluidfreie Schmiersysteme mit hoher mechanischer Belastung“ in einer ganztägigen Session vorgestellt. In den jeweils 45-minütigen Vorträgen aus 8 Projekten ging es um die Trockenschmierung von Verzahnungen, Wälzkontakten, Schneckengetrieben und Schraubenmaschinen.

Ebenfalls mit einer eigenen Session war das Forschungsfeld „Tribologie“ mit 7 Vorträgen aus den Bereichen Verschleißschutzschichten, Ölschmierung, Additiven und konstruktiven Maßnahmen zur Effizienzsteigerung vertreten. Das Forschungsfeld wird im Rahmen des Energieforschungsprogramms des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert und leistet somit einen Beitrag zur Energiewende in Deutschland.

Diese Sessions mit Vorträgen aus Förderprogrammen geben den beteiligten Wissenschaftlern garantieren die Gelegenheit zum persönlichen Austausch über die Grenzen der einzelnen hinaus und stärken deren Charakter als wichtiges Arbeitstreffen führender Fachleute auf dem Gebiet der Tribologie.

TriboSlam

Ein Highlight am Montagabend war auch diesmal wieder der TriboSlam mit 4 Beiträgen, moderiert von Victoria Schröder und Niklas Bauer. Teilgenommen hatten 4 Slammer mit Beiträgen von jeweils 360 s. Die Gewinner wurde anhand der Lautstärke des Publikumsapplauses ermittelt. Dieses Jahr ging der Preis an Jan Euler und Thomas Decker (RWTH Aachen) für ihr professionell und humorvoll vorgetragenes Lied „Ich war noch nie in Göttingen“.

Die Gewinner des TriboSlam bei ihrem Song „Ich war noch nie in Göttingen“

GfT-Förderpreise

Prof. Magyar gratuliert Dr. Dennis Fischer
zum Förderpreis für seine Dissertation

Mit Förderpreisen für Nachwuchswissenschaftler wurden im Jahr 2024 Frau Rica Baustert für ihre Bachelorarbeit „Untersuchung von kombinierten Randschichtbehandlungen und Beschichtungen zur Steigerung des Verschleißverhaltens von 42CrMo4“, Herr Carsten Graeske für seine Masterarbeit „Analyse der Berechnungsunschärfe einer multiskaligen, elasto-hydrodynamischen Verschleißberechnungsmethode für Gleitlager anhand simulativer und experimenteller Studien“ und Dr. Dennis Fischer für seine Dissertation „Einflüsse durch Grundöl und Verdicker auf den Schmierfilmaufbau in fettgeschmierten Wälzkontakten“ ausgezeichnet. Die Übergabe der Preise nahmen Rolf Luther und Prof. Balázs Magyar als Vertreter des Auswahlkomitees vor. Die Arbeiten wurden zusammen mit dem Gewinner-Vortrag des „Young Tribological Researchers Symposium 2024“ in einer Session am 24. September vorgestellt. Kurzfassungen der Arbeiten der Preisträger werden in einer der nächsten Ausgaben von „Tribologie und Schmierungstechnik“ veröffentlicht.

Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichen

Prof. Gerhard Poll bedankt sich für
die Verleihung des Georg-Vogelpohl-
Ehrenzeichens

Das Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichen für Persönlichkeiten, die sich in besonderem Maße um die Tribologie verdient gemacht haben, wurde in diesem Jahr Prof. Dr.-Ing. Gerhard Poll verliehen. Er war bis zu seiner Emeritierung Professor für Maschinenelemente und Konstruktionstechnik und Leiter des Instituts für Maschinenkonstruktion und Tribologie (IMKT) an der Leibniz Universität Hannover. Die Laudatio wurde von Frau Cornelia Haag gehalten. Sie wird in Kürze unter „Ehrungen“ auf der GfT-Webseite und in „Tribologie und Schmierungstechnik“ veröffentlicht.

Göttinger Kreis

An der Sitzung des Göttinger Kreises, dem alle Träger des Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichens angehören, hatten 6 Mitglieder teilgenommen. Als neues Mitglied war auch Prof. Gerhard Poll anwesend. Eingeladen hatte Peter Weismann, der Preisträger von 2023, der auch die Sitzung leitete.

Hauptsächlich wurde ein zukünftiges GfT-Arbeitspapier zur Definition des Begriffs „Verschleißteil“ diskutiert. Des weiteren wurde festgestellt, dass es wünschenswert wäre, Kriterien für den Ölaustausch mit Grenzwerten und Abweichungen, aber auch Prüfverfahren in einem Regelwerk zusammenzufassen. Weitere Punkte waren die Zusammenarbeit mit ausländischen tribologischen Verbänden, Fortbildungsangebote und die 5. Auflage des Büchleins „Die Entwicklung der Tribologie in Deutschland“, die für 2026 vorgesehen ist.

Abschlussveranstaltung und Verleihung des Preises „Tribologie ist Überall“

Die Abschlussveranstaltung begann mit einem Vortrag von Andreas Krüger (Fuchs Lubricants Germany) über die vielfältigen tribologischen Möglichkeiten im Innenraum eines Automobil.

Weiter ging es mit der inzwischen traditionellen Verleihung des von der Firma Werner Stehr Tribologie gestifteten Preises „Tribologie ist überall“, der an Rolf Luther für seinen letztjährigen TriboSlam-Beitrag über die Tribologie der Schuhschnürung ging.

Preisgekröntes tribologisches Alltagsphänomen: Rolf Luther klärt über die korrekte Methode der
Schuhschnürung auf

Das Schlusswort des GfT-Vorsitzenden beendete die Veranstaltung mit dem Hinweis auf die nächste Tribologie-Fachtagung vom 29. September bis 1. Oktober 2025, die erstmalig in Wernigerode im Harz stattfinden wird.

Aus Gründen der Nachhaltigkeit verzichtet die GfT auf die Herausgabe von gedruckten Tagungsbänden. Alle Beiträge werden jedoch als pdf-Downloads sowie in einem Gesamt-Tagungsband zur Verfügung gestellt, der für interessierte Nichtteilnehmer bei der Geschäftsstelle der Gesellschaft für Tribologie e.V. (Adolf-Fischer-Str. 34, 52428 Jülich, Tel.: +49 (0)2461 340 79 38, E-Mail: tribologie@gft-ev.de, Internet: www.gft-ev.de) zu einem Preis von 50 € (zzgl. MwSt) erhältlich ist.